Interview

Julia Dieball über Neugier und Kreativität in der anwaltlichen Arbeit

13.04.2025

Was hat dich dazu bewogen, Jura zu studieren? Warum wolltest du Rechtsanwältin werden?

Wie so manch andere bin ich eher zufällig ins Jurastudium hineingeraten. Ursprünglich hatte ich mit Medizin geliebäugelt, erkannte aber rasch, dass Themen wie Tod und Krankheit besser in andere Hände gehörten. Irgendwie fühlte sich Jura einfach stimmig an: Es geht um Sprache, logisches Denken und das Erfassen gesellschaftspolitischer Zusammenhänge – Bereiche, die mir schon in der Schule Freude bereitet hatten. Rückblickend war es die richtige Entscheidung.

Nach meinem juristischen Examen entschied ich mich für den Anwaltsberuf. Ich schätze die Rolle der Interessenvertreterin sehr. Sie erfordert nicht nur fundiertes juristisches Wissen, sondern mitunter auch ein hohes Maß an kreativem juristischen Denken. Schließlich geht es nicht allein darum, das Gesetz schematisch anzuwenden – sondern darum, praktikable, interessengerechte Lösungen zu entwickeln. Dabei gewinnt man wertvolle Einblicke in die unterschiedlichsten Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft. Kurz gesagt: Man sieht und lernt ungemein viel.

Was begeistert dich an deiner Arbeit? Magst du einige deiner beruflichen Höhepunkte teilen?

Die Vielseitigkeit. Spannende Persönlichkeiten und Unternehmen kennenzulernen. Den eigenen Horizont stetig zu erweitern und in immer neue Rechtsfragen einzutauchen. Diese Begeisterung entfachte bereits während des Studiums. Die Gründung des Vereins recode.law war zweifellos ein prägendes Highlight dieser Zeit. In meinem noch jungen Berufsleben war die frühe Verantwortung, die mir entgegengebracht wurde, ein besonderes Highlight – die eigenständige Kommunikation mit Mandanten, die Entwicklung eigener juristischer Arbeitsergebnisse und die Betreuung jüngerer Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildung.

Was fasziniert dich am Öffentlichen Recht?

Das Öffentliche Recht haftet oft ein etwas angestaubtes Image an – es sei denn, es geht um Staats- oder Völkerrecht. Dabei berührt es in nahezu jedem Bereich die fundamentalen Fragen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Es bietet essenziellen Schutz vor staatlicher Willkür und Ungleichheit, lenkt wirtschaftliches Handeln, setzt Anreize und ermöglicht oder begrenzt neue Phänomene wie künstliche Intelligenz. Hier ist man nicht nur Zeugin der Zukunftsgestaltung – man kann sie als Anwältin aktiv mitgestalten, im Austausch mit staatlichen Institutionen ebenso wie mit Akteuren der Privatwirtschaft. Das ist faszinierend – und bereitet große Freude.

Warum hast du dich für PSWP entschieden, und was zeichnet PSWP aus?

Ich lernte PSWP während meines Referendariats kennen und schätzte die Zeit dort sehr. Das verdanke ich der Boutique-Struktur, dem Team aus jungen engagierten Associates und erfahrenen Partnern, denen die Entwicklung exzellenter Juristinnen und Juristen am Herzen liegt, sowie den spannenden Mandaten, die oft unkonventionelle Rechtsfragen berühren, die den Kern unseres Rechtssystems betreffen. Für mich ist es diese Kombination – die Qualität der juristischen Arbeit, die fundierte Ausbildung und die anspruchsvollen, aktuellen Themen –, die PSWP hervorhebt. Das war auch der ausschlaggebende Faktor für meine Entscheidung.



Welche Qualitäten machen eine gute Anwältin aus – heute und in Zukunft?

Meiner Ansicht nach werden Empathie, Präzision, ein ausgeprägtes Gespür für Risiken und Kernfragen sowie rasche Auffassungsgabe auch in Zukunft unverzichtbar bleiben. Ebenso bedeutsam ist eine sensible Kommunikationsfähigkeit: Schließlich haben wir es in unserer Arbeit stets mit Menschen zu tun – ob sie ihre eigenen Interessen vertreten oder Teil einer größeren Einheit wie einem Unternehmen sind. Und Menschen möchten verstanden werden – sowohl auf persönlicher Ebene als auch hinsichtlich ihres rechtlichen Problems. Sich hinter abstrakten juristischen Konstrukten und Fachjargon zu verschanzen, ist wenig zielführend.

Welchen Einfluss hat Technologie – insbesondere künstliche Intelligenz – auf die juristische Arbeit, speziell aus der Perspektive einer Anwältin?

Künstliche Intelligenz, insbesondere generative KI, kann uns in vielfältiger Weise unterstützen und unsere juristischen Fähigkeiten erweitern helfen. Ich bin überzeugt, dass eine neugierige und informierte Auseinandersetzung mit KI für Juristinnen und Juristen unerlässlich ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gerade die textintensive juristische Arbeit ist von diesem Wandel besonders betroffen. Und das birgt zweifellos eine Chance: Prozesse können effizienter, schneller und strukturierter gestaltet werden; repetitive (und mitunter ermüdende) Aufgaben können ausgelagert werden. Diese Effizienzsteigerungen könnten auch den Zugang zum Recht für Verbraucher verbessern – etwa durch die Beschleunigung von Massenverfahren. Infolgedessen werden sich wohl auch Vergütungsmodelle anpassen, da manche Aufgaben nun in Sekundenschnelle erledigt werden können. Angesichts dieser vielschichtigen Veränderungen hoffe ich auf wegweisende legislative Entscheidungen und proaktive Initiativen der Branche, die uns zu Lösungen führen, von denen alle profitieren. Und natürlich müssen wir alle unseren Beitrag dazu leisten.

Wie sieht deine Vision für die juristische Arbeit in fünf und zehn Jahren aus?

Angesichts des technologischen Wandels ist dies eine besonders spannende Frage. Vielleicht empfanden meine Großeltern es ähnlich, als sie ihren ersten Festnetzanschluss erhielten und plötzlich Ferngespräche führen konnten – neugierig auf das, was noch kommen würde, ein wenig beeindruckt von einer Technologie, die vertraute Abläufe veränderte oder gar ersetzte. Natürlich birgt das auch viel Ungewissheit. Angesichts der rasanten Veränderungen – insbesondere der Fortschritte im Bereich der KI in den letzten zwei Jahren – ist es schwer vorherzusagen, wie die Dinge in fünf oder zehn Jahren aussehen werden.

Daher meine generelle Einschätzung: Ich glaube, die Grundpfeiler unserer Arbeit werden bestehen bleiben – die Beilegung gesellschaftlicher Konflikte, der Ausgleich widerstreitender Interessen und die menschliche Interaktion. Die Art und Weise, wie wir arbeiten, wird sich wandeln: Sie wird (noch) schneller werden, viele Aufgaben werden wegfallen oder automatisiert werden. Wir werden uns verstärkt auf eines der zentralen Ziele juristischer Arbeit konzentrieren können – und müssen: die Prävention oder Lösung von Konflikten. In welcher Form wir das tun werden? Die Zeit wird es zeigen.